Kulinarik in Obergurgl: Bodenständig mit dem „Aha-Effekt“!

Letzten Donnerstag traf ich Mario Pressinger, seines Zeichens Top-Koch im „Gurglhof“ und „Josl.“

Der Mann, der Küchenchef von gleich zwei Hotels in Obergurgl ist, hat mir dann auch geduldig meine etwas laienhaften Fragen über Küche, Kulinarik und seine Gäste beantwortet. Klar ist: Egal ob Winterurlaub, Familienurlaub oder Skifahren in Obergurgl – dort wird das alles im „Gurglhof“ und im Hotel „Josl“ bestens kulinarisch untermalt. Interessant dabei ist, dass wir es hier mit zwei unterschiedlichen Hotels zu tun haben. Der „Gurglhof“ ist ein 4 Sterne Superior Hotel in Obergurgl, das Hotel „Josl“ ist ein Erwachsenenhotel in Tirol. Beide Häuser eint, dass es sich dabei um ein Hotel direkt an der Piste handelt. Was aber sind die Unterschiede, was die Herausforderungen für den Küchenchef Mario Pressinger? Darüber spricht er im Interview.

Vorausgeschickt ein paar Infos zu Mario Pressinger: 2003 schloss Mario Pressinger den „Diplom Patissier“ mit sehr gutem Erfolg ab. 2004 holte er sich bei der „Olympiade der Köche“ in Erfurt Silber. 2006 bei der „Weltmeisterschaft der Köche“ in Luxemburg ebenfalls Silber. 2008 abermals bei „Olympiade der Köche“ in Erfurt Bronze. Im Sommer kocht er auch noch in „Kleines Hotel Kärnten“, wo auch hochrangige Politiker immer wieder gerne vorbeischauen. Außerdem kocht er dort für den Bundespräsidenten Heinz Fischer. Der Mann weiß also zweifellos was er tut und ist ein hochdekorierter Spitzenkoch.

Hallo Mario. Wir haben uns vorab auf das „Du“ geeinigt. Kannst du mir daher also bitte etwas über die kulinarische Ausrichtung im „Gurglhof“ und im „Josl“ verraten?

Der Grundstil meines Kochens und meiner Küche ist eigentlich einfach beschrieben. Er ist so, wie ich auch als Mensch bin: Eher geradlinig! Ich bin nicht jemand, der zu viel Firlefanz mag. Der Gast soll ganz klar und deutlich sehen und erkennen, was er auf dem Teller hat und was er isst. Wichtig ist dabei, dass die Qualität durchgehend sehr hoch ist! Das ist mir das Wichtigste! Ich brauche keine übertriebenen Garnituren und das ganze Drumherum ist mir eher fremd. Wichtig ist natürlich auch, das von seinen Mitarbeitern zu verlangen, was sie auch umsetzen können.

Mario Pressinger: Ein Top-Koch mit Hang zur Bodenständigkeit und zum "Aha-Effekt"!
Mario Pressinger: Ein Top-Koch mit Hang zur Bodenständigkeit und zum „Aha-Effekt“!

Meine Küche ist insgesamt als international zu bezeichnen. Sie hat aber natürlich einen Schwerpunkt auf Österreich und Tirol. Somit kann man sie also eigentlich als „gemischt“ und vielfältig bezeichnen.

Wie wichtig ist dir der Wiederkennungswert deiner Küche? Soll der Gast merken, dass er in Tirol ist?

Wie gesagt stehe ich für eine vielfältige und „gemischte“ Küche. Ich komme ja aus Kärnten. Damit ist es naheliegend, dass ich auch Spezialitäten aus Kärnten mit einbaue. Insgesamt versuche ich Österreich zu vertreten. Tirol ist ja ohnehin recht leicht und deutlich mit einem Tiroler Gröstl zu vertreten.

Kannst du mir die Unterschiede zwischen den beiden Häusern nennen? Der „Gurglhof“ ist ja zum Beispiel ein 4 Sterne Superior Hotel. Es gibt ja je einen anderen Fokus und eine andere Zielgruppe.

Ja, die Kulinarik im „Gurglhof“ ist auch auf Kinder und Familien ausgelegt. Das heißt, dass es auf alle Fälle eine Kinderkarte braucht und auf die kulinarischen Wünsche der Kinder Rücksicht genommen werden muss. Die Gäste des „Gurglhof“ sind grundsätzlich eher anspruchsvoll. Mit dem Gurglhof bin ich aber aufgewachsen, somit habe ich dort viel Erfahrung sammeln können. Ich bringt jetzt meine langjährige Erfahrung auch im „Josl“ mit Begeisterung ein. „Josl“ setzt ja auch viel auf „Lifestyle“ – Lifestyle-Gäste ab 18 Jahren. Das heißt, dass die Küche raffiniert und ehrlich sein muss.

Kulinarik im Hotel "Josl": Stilsicher, modern und doch bodenständig!
Kulinarik im Hotel „Josl“: Stilsicher, modern und doch bodenständig!

Da möchte ich noch einmal genauer nachfragen: Was essen deine Gäste im „Josl“? Was ist überhaupt „Lifestyle-Küche“? Die Gäste kommen da ja vermutlich nicht nur wegen einem Skiurlaub in Tirol.

Ja. Lifestyle ist an sich fast gleichzusetzen mit „modernen, teilweise neu interpretierten Gerichten“. Ich finde es interessant, zum Beispiel heimisches Lamm neu zu interpretieren.

Die konventionelle „Lifestyle-Küche“ hätte ja auch das Problem, dass sie sehr leicht sehr austauschbar wird.

Austauschbar ist meist nur Kopiertes. Durch die Einbindung meiner Crew kommt das selten bis gar nicht vor.

Eine Frage, die ich jedem Koch stelle: Man sagt ja, dass Köche irgendwo zwischen Künstler und Handwerker anzusiedeln sind. Wie würdest du dieses Verhältnis bei dir beschreiben?

Bei mir ist beides vorhanden. Verwirklicht als „Künstler“ habe ich mich bei vielen Ausstellungen und Wettbewerben. Im Moment nehme ich mir allerdings wenig Zeit dazu. Ich möchte aber das, was ich bei „außergewöhnlichen“ Veranstaltungen gelernt und erfolgreich umgesetzt habe, immer noch einfließen lassen! Ich wende all diese Fertigkeiten welchem mich zum Erfolg geführt haben immer noch an und gebe sie auch gerne meinem Team weiter. Wenn ich beschreiben müsste, worum es in meiner Küche geht, dann würde ich sagen: Um den kleinen Aha-Effekt, um das „Mehr“ als erwartet.

Essen mit dem gewissen "Aha". Dafür steht Mario Pressinger!
Essen mit dem gewissen „Aha“. Dafür steht Mario Pressinger!

Es geht dir also darum, mit den „Kniffen“ und Kunstgriffen, die du gelernt hast und beherrscht, in deiner Küche das „Bekannte“ neu zu interpretieren?

Ja, genau. Mit gewissem Maß.

Kannst du mir da ein paar Beispiele nennen für Gerichte, die du neu interpretierst?

Ja. Zum Beispiel Kaspressknödel. Klassisch verwendet man für diese ja Graukäse. Aber es ist natürlich möglich, diese auch anders mit anderen Käsesorten zuzubereiten! Oder mit anderen Teigmassen und Kräuter. Eben neu interpretieren. Ich mache das immer Step by Step. Es geht mir nämlich auch darum, den Geschmack von möglichst vielen Gästen zu treffen.

Ist deine Küche eigentlich eher eine leichte oder doch eine deftige Küche?

Ich versuche eher eine leichte Küche zu etablieren. Es gibt bei mir jeden Tag ein Fleischgericht, ein Fischgericht und ein vegetarisches Gericht.

Wie groß ist eigentlich dein Küchenteam? Wie ist dein Arbeitsalltag? 

Vormittags bin ich in beiden Häuser in der Küche. Die Häuser liegen nahe beieinander, ich muss also nur über die Straße gehen. Ich kümmere mich selbst um den kompletten Einkauf. Danach folgt die Menü-Besprechung. Anschließend wird alles vorbereitet. Am Abend schaue ich mir alles an, gehe mit meinen Leuten alles durch, mache natürlich auch noch Stichproben, ob alles passt und meinen Vorstellungen entspricht.

Im „Gurglhof“ habe ich acht Köche. Im „Josl“ sind es fünf Köche – und jeweils ein Spüler.

Wie ist es dann, wenn deine Küche auf den Gast trifft? Was passiert da?

Für mir ist die Erwartungshaltung des Gastes absolut essentiell! Schließlich ist es das, was eine Küche bestehen oder untergehen lässt. Wenn ich in ein Haubenlokal gehe, dann erwarte ich mir etwas ganz Bestimmtes, habe eine konkrete Erwartungshaltung. Wenn das nicht erfüllt wird, dann bin ich komplett enttäuscht. So ist es auch bei uns. Geht man aber in ein 4-Sterne Haus dann erwartet man sich definitiv gutes Essen. Wenn dann auch noch ein kleines „Aha“ dazukommt, dann fährt der Gast zufrieden heim. Wie gesagt: Bodenständig und ehrlich soll die Küche sein, mit dem gewissen Etwas! Nachmittags entwickele ich Rezepte und probiere diese selbst aus. Wenn ich etwas für gut befinde, dann arbeite ich das Rezept  mit meinen Mitarbeitern aus.

Habt ihr nur Hausgäste oder kann man euch auch als Restaurant besuchen?

Grundsätzlich haben wir nur Hausgäste. Natürlich kann man aber auch bei uns anrufen. Wenn Platz ist, sind andere Gäste natürlich herzlich willkommen unser Menü zu probieren! In unseren Augen ist der Hausgast der wirklich wichtige Gast dem die volle Aufmerksamkeit gilt. Dieser Gast ist eine Woche oder länger bei uns – da ist es natürlich wichtig, dass es dem Gast gut geht!

Normalerweise fragt man das ja zu Beginn. In diesem Fall möchte ich dich aber jetzt abschließend noch nach deiner Entwicklung fragen. Wo hast du bisher gekocht?

Ich bin jetzt schon seit gut 18 Jahren beim Gurglhof. Gelernt habe ich in einer Kuranstalt, in einem sehr großen Hotel. Da habe ich den Grundstock gelernt. Dort ging es auch viel um Diätküche und Schonkost. Dieses Wissen kommt mir auch heute noch zugute. Die „gute Küche“ habe ich in der Schweiz gelernt. Danach konnte ich noch in einigen anderen qualitätsverliebten Häusern meine Arbeit unter Beweis stellen. In Folge habe ich noch viel auf Ausstellungen und Wettbewerben gekocht und mich dort auch durchaus als „Künstler“ selbst verwirklicht. Bald darauf bin ich auch schon zum „Gurglhof“ gekommen. Mit 24 bin ich dort Küchenchef geworden. Seit zwei Jahren bin ich nun für das Hotel Gurglhof und das Hotel Josl zuständig!

Danke für das Gespräch!

Kulinarik in Obergurgl: Bodenständig mit dem „Aha-Effekt“!
3.5 (70%) 8 votes

Von in Obergurgl Hotels